Cannabisblüten „ohne weiteres“ auf Privatrezept verschreiben?

Folgende Frage eines Patienten sah ich auf Facebook:

„Ich bin ADHS Patient und habe mal ein paar fragen: Es ist richtig, das mein arzt mir das rezept PRIVAT ohne weiteres verschreiben kann richtig?“

Diese konkrete Frage ist aufgrund der Diagnose eine gute Vorlage um die Voraussetzungen für die Verschreibung eines Betäubungsmittels wie Cannabisblüten als Privatrezept zu thematisieren.

Ein BtM-Rezept als Privatrezept für Cannabisblüten darf ein Arzt auch nicht einfach so ausstellen. Wie bei jedem Rezept muss er seiner ärztlichen Sorgfaltspflicht nachkommen. Sind seine Fähigkeiten auf dem Gebiet der Cannabismedizin unzureichend, darf er die Behandlung nicht übernehmen.

Cannabisblüten, Extrakte und Rezepturen sind keine zugelassenen Arzneimittel. Die Anwendung von Fertigarzneimitteln wie Sativex und Casemet ist nur für jeweils eine Indikation zugelassen. Andere Anwendungen sowie die Nutzung anderer Arzneimittel mit den Wirkstoffen Dronabinol, Nabilon oder Marional ist nur Off Label möglich. Ebenso nicht zugelassen ist CBD als Rezepturarzneimittel.

Der Arzneimittelhersteller haftet nur für Wirksamkeit und Unbedenklichkeit bei einer Anwendung im Rahmen der Zulassung. Der sog. „Beipackzettel“ informiert über korrekte Anwendung, Dosierung und die Nebenwirkungen. Diese Verantwortung geht bei Cannabis-Arzneimittel, abgesehen von den beiden oben erwähnten Ausnahmen komplett auf den Arzt und in Teilen den Apotheker, der das Arzneimittel ggf. zubereitet und dann an den Patienten abgibt, über.

Für Betäubungsmittel wird zudem in § 8 BtMG explizit eine Begründung für die Verschreibung gefordert. Die Anwendung ist rechtlich insbesondere dann nicht begründet, „wenn der beabsichtigte Zweck auf andere Weise erreicht werden kann.“ Damit ist auch hier eine gewisse Austherapiertheit erforderlich, zumindest was Nicht-BtM-Arzneimittel angeht. Im konkreten Fall (ADHS) ist sowohl ein Therapieversuch mit Methylphenidat (BtM, Mittel der ersten Wahl) und Atomoxetin (Mittel der zweit… eher dritten Wahl, aber kein BtM) erforderlich bevor der Arzt ein BtM-Privat-Rezept ausstellen darf.

Siehe auch: Begründete Verschreibung von Betäubungsmitteln in der Praxis

vgl. auch Dr. Cremer-Schaeffer

• der Verschreibende aufgrund eigener Untersuchung zu der Überzeugung gekommen ist, dass die Anwendung nach den anerkannten Regeln der ärztlichen Wissenschaft zulässig und geboten ist und der Patient nicht mehr als nach den Umständen unvermeidbar Schaden erleidet; hierbei sind nur die allgemein oder weitaus überwiegend anerkannten Regeln der ärztlichen Wissenschaft maßgebend, nicht aber die hiervon abweichende wissenschaftliche Überzeugung einzelner Ärzte.

gilt als nicht begründet, wenn
• auch eine andere den Patienten weniger gefährdende Maßnahme in Betracht kommt
• die verordnete Menge medizinisch nicht gerechtfertigt ist, selbst wenn dies hinsichtlich der später am Patienten angewandten Menge der Fall sein sollte
• bei Missbrauchsgefahr der bestimmungsgemäße Gebrauch des BtM nicht sichergestellt ist

Ohne Diagnose: ADHS bei Erwachsenen

Mein Mittel gegen ADHS: Cannabis
Mein Mittel gegen ADHS: Cannabis

„ADHS ist eine psychiatrische Entwicklungsstörung, die meist im Kindes- und Jugendalter auftritt. Auch Erwachsene können davon betroffen sein. Viele leben jahrelang damit, ohne davon zu wissen.“

Im ZDF lief am 2.6. in der Sendung „Volle Kanne – Service täglich“ dieser kurze Beitrag zu ADHS im Erwachsenenalter:

Hier einige Informationen zum Thema ADHS bei Erwachsenen, Weiterbestehen von ADHS in der Adolezenz und im Erwachsenenalter und der Frage „Wird ADHS zu oft oder zu wenig diagnostiziert?“

Weiterbestehen von ADHS in der Adolezenz und im Erwachsenenalter

Weiterlesen

Cannabis als Medizin: Studie zu Sativex bei ADHS abgeschlossen

Cannabis gibt es auch als Fertigarzneimittel wie Sativex
Cannabis gibt es auch als Fertigarzneimittel wie Sativex

Die Studie „Experimental Medicine in ADHD – Cannabinoids (EMA-C)“ lief von 2014 bis Ende 2015. Noch wurden die Ergebnisse nicht veröffentlicht. Die Seltenheit von Untersuchungen zum Einsatz von Cannabis als Medizin bei ADHS macht aber schon die Existenz einer solchen Studie bemerkenswert.

Die erwachsenen Patienten erhielten in der randomisiert Doppeltbildstudie Sativex oder ein Placebo. Sativex, ein Produkt der Firma GW-Pharma besteht zu gleichen Teilen aus den Wirkstoffen THC und CBD. Es ist ein standardisiertes Extrakt aus der Cannabispflanze in Form eines Spray enthält vermutlich noch weitere Cannabinoide, jedoch wird ihnen aktuell keine Bedeutung geschenkt. Die ebenfalls für die Wirkung von Cannabis relevanten Terpene gehen bei der Extraktion verloren, soweit mit bekannt.

Geplant war ein n = 30 die über 6 Wochen täglich Medikament oder Placebo erhielten. Vor und nach der Behandlung wurden Verhalten und Kognition getestet. In den ersten zwei Wochen wurden die Patienten auf eine Dosis eingestellt, diese wurde dann die weiteren vier Wochen beibehalten.

Die Teilnehmer der Studie sind zwischen 18 und 55 Jahre alt. Neben ihrer ADHS Diagnose mussten sie während der Behandlung auf weitere Medikamente verzichten. Damit kamen nur ADHSler in Frage, die ohne Probleme auf z.B. Ritalin verzichten können. Auch andere Medikamente sowie Drogen durften nicht eingenommen werden. Damit dürften weitere Probanden ausgeschlossen worden sein, z.B. Menschen mit weiteren schweren Erkrankungen. Eine Reihe psychischer Erkrankungen wie Depressionen führte ebenfalls zum Ausschluss. Insgesamt dürften die Teilnehmer eher an weniger schweren Formen von ADHS leiden. Zudem wurde Probanden nicht genommen, wenn sie eine bekannte oder vermutete Historie mit einer Drogen- oder Alkoholabhängigkeit aufwiesen.

Zum Messung der Wirkung von Sativex kam der QB Computer-Test zum Einsatz. Zudem wurden die Tests CAARS und WRAADS, ein weitere Computertest sowie Selbstbewertungsfragebögen genutzt.

Sobald ich von der Veröffentlichung der Daten erfahre, werde ich natürlich darüber wieder bloggen.

ADHS und Cannabis – Patienten berichten von ihren Erfahrungen

Auch Cannabidiol CBD hilft einigen bei AHDS
Auch Cannabidiol CBD hilft einigen bei AHDS

Nach meinem letzten Posting „Wie hilft Cannabis bei ADHS?“ haben sich einige Patienten zu Wort gemeldet. Sie berichten unterschiedliche Wirkungen von THC und CBD, sind relativ jung, teilweise haben sie eine Ausnahmegenehmigung.

C. P. schreibt dass ihm nur CBD Gras hilft. Er beschreibt die Wirkung mit den Worten: „beruhigend, entspannt, fokussiert konzentriert mehr bei mir– eben ähnliche effekte wie bei ritalin- aber mit dem wissen ein natürliches medikament zu nehmen..“ Cannabis mit einem hohen THC Gehalt hat bei ihm eine gegenteilige Wirkung.

L. E. antwortete mir: CBD hilft (als Reinstoff). Hanf gegen ADHS zu konsumieren hat bei mehreren Bekannten zu einer oberflächlichen Verbesserung der Symptome mit auf Dauer gravierenden Nebenwirkungen gefüht: wurden zwar ruhiger, aber träger im Kopf, Hyperfokus wurde nur bedingt kontrollierbar, das „Nach-Innen-Geschleudert-Sein“, welches eher ein schmerzhaftes Problem für hypoaktive ADS’ler ist, potenzierte sich bis zur Depression. Auf (korrekt eingesetztem, unter Monitoring angewandtem) Dexamphetamin passiert das nicht bezw. nicht in dem Ausmaß.

J. H. nutzt Cannabis mit ADHS Diagnose und Antrag auf Genehmigung.  Er findet es „besonders hilfreich für die Impulskontrolle, das Einschlafen und die Aggressionsminderung.“ Einige seiner Freunde profitieren ebenfalls „ohne Antrag und teilweise auch ohne Diagnose.“

L. M. schreibt: „Man wird ruhiger über eine zeit. Man kann sagen es ist ein Gegenmittel.“ Er ist selbst 16 Jahre alt und sieht diesen Effekt seit etwa einem Jahr.

D. P. ist 23 Jahre alt und behandelt sein ADHS seit er 16 Jahre ist. Zur Wirkung von Cannabis zusammen mit Tabak geraucht schreibt er: „Solange du noch mit Tabak konsumierst wird sich nicht viel ändern… Man kommt zwar runter aber auch nur wenn man high ist.“

M. B.: „Mir hilft es fast Vollwertig, in Kombination mit Kaffe komme ich damit gut durch den Arbeitsalltag (bin Software-Developer). Ich kann mich gut fokusieren, lass mich nicht von jeder Kleinigkeit ablenken und habe insgesamt ein strukturierteres Denken bzw. weniger „Gedankensturm“. Ritalin ist da fast besser, allerdings ist der Rebound echt mies, die körperlichen NW’s sind auch kacke und zum abschalten/einschlafen hilft es auch nicht wirklich. (Small hope for the medical revolution ;))

Ich habe gerade eben deinen Post auf Facebook zum Thema ADHS/Cannbis gesehen und wollte dir sowieso schon länger mal davon Berichten, kurz zur Vorgeschichte:

War als Kind mit 6/7 Jahren schonmal bei der Kinderpsychologin wegen dem Thema (Auffällig in der Schule – trotzdem gute Leistungen, schon immer vergesslich/verträumt, stressempflich, usw..).

Mit knappen 19 Jahren hab ich dann das erste mal Cannabis konsumiert. Klar Anfangs kannte man die Wirkung nicht und es war ziemlich „witzig/vernebelt“. Man hatte ja aber auch keine Ahnung von der Dosierung und der Wirkung.. Irgendwann merkte ich dann das ich dadurch eigentlich viel konzentrierter, sozialer und auch ruhiger wurde. Ich konnte zum ersten mal längere Zeit über Dinge nachdenken, ohne komplett abzuschweifen..

Habe dann ganz normal mein Studium der Informatik begonnen, mittlerweile bin ich im 6. Semester RSZ und arbeite als Werkstudent nebenher. Die Noten sind auch überdurchschnittlich gut.. (Schnitt 1,9 atm)

Leider hab ich seitdem ich in der (Groß-)Stadt wohne hier unten auch Probleme mit der Justiz bekommen, schon 2x. Beides mal nix mit Einstellung wegen 5g beim ersten mal, zweites mal 0,3g gemisch (halber Joint). Danke BW!

Deswegen war ich dann vor einem Jahr beim Neuro-/psychologen der sich auf AD(H)S bei Erwachsenen spezialisiert hat. 2 Termine, einige Tests, nochmal Blutwerte und Schilddrüse checken lassen dann stand es fest: mittelschweres ADHS. Seit dem bekomme ich auf Ritalin und wurde dann über ein viertel Jahr auf 2x20mg eingestellt.

Meine Erfahrungen mit dem Medikament sind psychisch echt super bei der Dosis, kann das fast mit den Auswirkungen auf die Symptome mit denen von Gras vergleichen! Aber körperlich sind die Nebenwirkungen schon krass, vor allem Abends und am Wochenende. Auch den ‚Rebound‘ merke ich dann umso mehr wenn die Wirkung nach lässt.. man müsste das ganze endlich mal vernünftig erforschen und auch praktizieren. Denke, auch in Kombination beider Substanzen, kann da noch vielen geholfen werden.“

Wie hilft Cannabis bei ADHS?

Cannabis bei ADHS - „Einfach mal nicht unter Strom zu stehen“
Cannabis bei ADHS – „Einfach mal nicht unter Strom zu stehen“

Leider existiert kaum Forschung zum Einsatz von Cannabis als Medizin bei ADHS. Meist wird. Meist wurde Cannabisgebrauch als Komorbidität und damit „nur“ als Problem untersucht.

Meiner Erfahrung nach, auch als Betroffener zur Wirkung von Cannabis bei ADHS hilft es um „Einfach mal nicht unter Strom zu stehen“ wie ich es in einem Interview beschrieben habe:

Es hilft bei Einschlafproblemen, sei es wegen des Ritalins oder einfach, weil es ein turbulenter Tag war. Durch Cannabis kann ich etwas zur Ruhe kommen, es dämpft die Überaktivität und Hektik. Davon profitieren insbesondere mein soziales Umfeld und meine Familie. Mit Cannabis kann ich auch mal Ritalin-Pausen einlegen, um einfach mal nicht unter Strom zu stehen. Damit ergänzen sich Cannabis und Ritalin von ihren Wirkungen und Einsatzmöglichkeiten – soweit ich das bisher bewerten kann. Bisher? Erst seitdem ich es bewusst als Medizin einnehme, achte ich genauer auf diese Wirkungen, während ich parallel auch noch immer dabei bin, mein ADHS zu verstehen.

Auch offene Fragen werden in diesem Interview erwähnt.

Patientenbericht zur Wirkung von Cannabis bei gleichzeitiger Einnahme von Methylphenidat

In diesem Bericht zeigt sich auch ein komplementärer Einsatz. Während das Medikinet adult für das Arbeiten im Büro hilfreicher ist, kann der Betroffene mit Cannabis in der Freizeit die sozialen Probleme mit ADHS mindern und gleichzeitig die Dosis und damit die Nebenwirkungen von Methylphenidat reduziert werden können. Andere Patienten berichten jedoch auch von einem Einsatz von Cannabis für die Arbeit, während dieser Patient unter der Wirkung von Cannabis schlechter arbeiten kann.

Es hilft bei Einschlafprobleme wegen des Medikinet und wegen der Depressionen. Durch Cannabis kann ich auch ohne Medikinet ruhiger sein. Davon profitiert insbesondere mein soziales Umfeld und meine Familie. Es lässt mich zur Ruhe kommen, trotz Medikinet und ADHS. Es dämpft Überaktivität und Hektik durch Medikinet und ADHS. Es kann den ADHS bedingten Fokusmangel in bestimmten Situationen besser kompensieren als Medikinet. Es ermöglich Medikinet Pausen einzulegen um einfach mal nicht unter Strom zu stehen, man ist gelassener und weniger hektisch.

Depressionen und Schlafstörungen

ADHSpedia schreibt zum Thema ADHS und Müdigkeit dass 40% aller Patienten mit ADHS zudem an Depressionen leiden und mehr als 80% an Schlafstörungen. Quelle: ADHS: Wenn der Sandmann zappelt, 23. April 2015 und Impact of a behavioural sleep intervention on symptoms and sleep in children with attention deficit hyperactivity disorder, and parental mental health: randomised controlled trial, Harriet Hiscock et al.; BMJ, doi: 10.1136/bmj.h68; 2015

Bei Depressionen wurde ein stimmungsaufhellender Wirkung von Dronabinol gefunden. In der Literatur finden sich zudem Berichte zur Wirkung bei Schlafstörungen. Auch CBD wirkt antidepressiv.

Cannabis – Komorbidität oder Medikament?

Der Einsatz von Cannabis bei psychischen Erkrankungen wird von der Ärzteschaft meist als problematisch angesehen. Allerdings sind Ursache und Wirkung von Cannabis bzw. Erkrankung hier schwer auseinander zu halten. In einer schwedischen Längsschnittstudie wurden „keine Längsschnitt-Beziehungen zwischen Cannabiskonsum und dem Auftreten von DEPRESSIONen/Angst, oder zwischen DEPRESSIONen/Angst und späterem Cannabiskonsum.“.

Eine Selbstmedikamentation kann leicht als Abhängigkeit eingestuft werden. Die Kriterien für eine solche Diagnose und die Merkmale für ein erfolgreiches Anschlagen eines Medikamentes überschneiden sich stark.

ADHS und Cannabis in Kanada

Im Kontext des Thema Cannabis und ADHS stieß ich aktuell auf die Canadian ADHD Practice Guidelines (CAP-Guidelines) – Third Edition von Canadian Attention Deficit Hyperactivity Disorder Resource Alliance (CADDRA) Stand November 2014. Zumindest für mich war es überraschend dass in einem Land mit einem relativ fortgeschrittenen Cannabis als Medizin System wie Kanada noch Aussagen wie die Folgenden von der Fachwelt vertreten werden:

Patients with ADHD are at significant risk of using illicit substances, particularly nicotine, cocaine and cannabis, and of starting at an earlier age than the general population54. Concurrent disorders with ADHD, like CD and BD, increase the likelihood of SUD55. While patients with ADHD do self-medicate with substances, it is important to dispel their belief that the use of illicit substances has a positive therapeutic benefit. […] For this reason, we do not recommend making a diagnosis of ADHD in the face of current substance abuse or dependence, even when childhood history is positive. The primary diagnosis in this circumstance is the substance problem and diagnosis of ADHD should be deferred until the patient is in recovery. Treatment of ADHD in patients who use marijuana without dependence or abuse is controversial and the risks and benefits of doing this have not been studied. Marijuana smoking (to calm themselves or facilitate sleep) is extremely common in this population. No treatment carries risk in itself and that treatment may minimize self-medication. Marijuana maybe laced with substances that are more dangerous and it makes little sense to use a medication to help a patient focus when they are self-medicating with a substance that impairs attention skills in the long-term.

ADHS und Cannabis: Medikamente & „Cannabis als Medizin“-Gesetz

Meine ADHS Therapie: Cannabisblüten zusammen mit Ritalin
Meine ADHS Therapie: Cannabisblüten zusammen mit Ritalin

Voraussetzung für eine Ausnahmegenehmigung ist der dokumentierte Therapieversuch mit den üblichen Medikamenten. Wenn diese alleine keine ausreichende Wirksamkeit zeigen und/oder zuviele Nebenwirkungen verursachen und nur mit Cannabis – alleine oder zusätzlich zu anderen Medikamenten – eine Verbesserung erreicht werden kann, gilt man als „austherapiert“.

Bei ADHS kommen im wesentlichen drei Medikamente(gruppen) in Frage. In meinem Fall habe ich eine Therapie mit retardiertem Methylphenidat, Dexamphetamin und mit Atomoxetin probiert. Über das Ergebnis berichte ich in einem kommenden Posting.

Standard-Therapie mit Medikamenten bei ADHS

Das Mittel der ersten Wahl ist Methylphenidat (MPH, „Ritalin“). Bei Erwachsenen hat in Deutschland nur retardiertes (verzögerte, zweiphasige Wirkstofffreisetzung) Methylphenidat eine Zulassung bei ADHS (Handelsnamen Medikinet adult).

Danach kann eine Therapie mit einem Amphetaminpräparat versucht werden, in meinem Fall versuchte ich Dexamphetamin. Da es nicht für ADHS bei Erwachsenen zugelassen ist, musste ich es selbst bezahlen. Eine günstige Alternative – auch zu unretardiertem MPH, das Erwachsene auch nicht bezahlt bekommen – ist Amphetaminsulfat als Saft. Diesen habe ich noch nicht getestet.

Methamphetamin wird in den USA, Österreich und weiteren Ländern bei ADHS eingesetzt, in Deutschland ist es nicht mehr verschreibungsfähig. Das Fertigarzneimittel Pervitin wurde 1988 vom Markt genommen, über einen Import aus den Ausland sollte es jedoch problemlos über eine Apotheke erhältlich sein. Als Substanz der Anlage II BtMG sollte eine Ausnahmegenehmigung jedoch deutlich eher erteilt werden als für Cannabis (Anlage I). Die hohe Wirkungsdauer im Vergleich MPH und Amphetamin ist ein interessanter Vorteil.

Das dritte Mittel, das ich getestet habe war Atomoxetin (Handelsname Strattera). Die Wirksamkeit wird hier jedoch eher als schwach bewertet, dafür wirkt es anders als MPH und Amphetamine und kann daher bei einer Unverträglichkeit eine gute Alternative sein.

Wer über die Anforderungen für eine Ausnahmegenehmigung hinaus Medikamente testen möchte, der sollte seinen Arzt auf Guanfacin, Bupropion und Modafinil ansprechen.

Ausnahmegenehmigung trotz „Cannabis als Medizin“-Gesetz

Auch in Hinblick auf den aktuell diskutierten Gesetzentwurf zu Cannabis als Medizin macht es Sinn eine Ausnahmegenehmigung anzustreben. Die Hauptarbeit hierfür das Austherapieren sowie die Dokumentation der bisherigen Therapieversuche. Das wird in Zukunft die Voraussetzung für eine Kostenerstattung sein, darum macht es Sinn sich jetzt schon auf diesen Weg zu machen. Es ist zudem denkbar, dass die Krankenkassen bei Patienten mit Ausnahmegenehmigung keine eigene Prüfung für die Kostenerstattung mehr vornehmen, sondern sich auf die Prüfung durch das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte verlassen.

Mehr zum Thema „Cannabis und ADHS“

scobel am 28. Januar 2016: Cannabis – Medizin oder Droge?

Sendung vom 28.01.2016

„Hanf, aus dem unter anderem Cannabis gewonnen wird, gehört nicht nur zu den ältesten Kulturpflanzen der Menschheit, sondern auch zu den medizinisch wirksamsten. Gert Scobel und seine Gäste diskutieren über die Geschichte von Cannabis und warum es verboten wurde.“

Gast zum Thema „Cannabis als Therapie“

Maximilian Plenert hat eine Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung (ADHS). Er nimmt zwei Medikamente, eines davon ist Cannabis. Erst 2013 bekam er seine Diagnose. Der gebürtige Hesse ist derzeit einer von circa 600 Patienten deutschlandweit, die Cannabis als Medikament bekommen.

Maximilian Plenert arbeitet als wissenschaftlicher Mitarbeiter beim Deutschen Hanf Verband und ist seit mehr als 10 Jahren im Bereich Drogenpolitik aktiv. Erist Mitglied im Vorstand von akzept e.V. – Bundesverband für akzeptierende Drogenarbeit und humane Drogenpolitik, Mitglied im Schildower Kreis, einem Netzwerk von Experten aus Wissenschaft und Praxis sowie Mitherausgeber des Alternativen Drogen- und Suchtberichtes.

Talkrunde im Studio

  • Prof. em. Dr. Lorenz Böllinger
  • Prof. Dr. med. Rainer Thomasius
  • Dr. phil. Bernd Werse

Successful therapy of treatment resistant aduld adhd with cannabis: experience from a medical practice with 30 patients

Aus dem Abstract book der Veranstaltung: 7th European Workshop on Cannabinoid Research and IACM 8th Conference on Cannabinoids in Medicine, 17-19 September 2015 in Sestri Levante, Italy. cannabinoidconference2015.org

Autoren:

Eva Milz 1 , Franjo Grotenhermen 2,3
1 Medical Practice for Psychiatry and Psychotherapy, Berlin, Germany; 2 Nova-Institute Hürth/Rheinland, Germany; 3 Medical Practice, Rüthen, Germany

Background:

Attention deficit hyperactivity disorder [ADHD] may persist into adulthood. It may be treatment resistant to standard medication, that is methylphenidate, amphetamine derivatives and atomoxetine. Currently, no clinical studies have been conducted on cannabis-based medicines in ADHD, but a few case reports (Strohbeck-Kuehner P, et al. Cannabinoids 2008;3(1):1-3. Available online at http://cannabis-med.org/data/pdf/en_2008_01_1.pdf) and basic research (Adriani W, et al. Neurosci Biobehav Rev 2003;27:639-651.) suggest therapeutic benefits in this condition.

In Germany, patients independent of medical condition may apply for an approval to use cannabis flowers from the pharmacy if the standard therapy of a certain disease or symptom is not efficient or associated with severe side effects. Weiterlesen

Interview: „Einfach mal nicht unter Strom zu stehen“ – Mit Cannabis und Ritalin gegen ADHS

mit cannabis und ritlain gegen adhs
Hanfjournal #187 . August . 2015 . Seite 8

„Einfach mal nicht unter Strom zu stehen“ Mit Cannabis und Ritalin gegen ADHS
von Maximillian Plenert

Medizinisches Cannabis hat viele Einsatzgebiete: Von Kopfschmerzen über entzündliche Darmerkrankungen und Depressionen bis hin zum Tourettesyndrom. Das lange Zeit verrufene Kraut könnte für vielen Menschen ein Segen sein. Dennoch ist es illegal und der Zugang zu Cannabis als Medizin versperrt. Der Weg zu einer Ausnahmegenehmigung ist für Patienten oft entweder gar nicht erst bekannt oder mit zu vielen Hürden belegt. Deutschlandweit gibt es derzeit nur etwa 400 Patienten, die ihre Krankheiten mit medizinischem Cannabis aus der Apotheke behandeln dürfen. 18 Patienten leben in Berlin, Maximilian Plenert ist einer von ihnen. Der Diplomphysiker bekam vor zwei Jahren die Diagnose ADHS, inzwischen darf der DHV-Mitarbeiter auch Cannabis aus der Apotheke kaufen.

Wie zeigte sich das ADHS bei dir? Weiterlesen

Video: 13 Fragen zu Cannabis aus der Apotheke

Nach unserem „So kauft man Cannabis in der Apotheke“-Video sind viele Fragen aufgetaucht. In diesem FAQ-Video beantwortet Maximilian Plenert 13 Fragen zu Cannabis aus der Apotheke.

Unser Ratgeber für Patienten auf hanfverband.de -> http://hanfverband.de/themen/medizin/ratgeber-fuer-patienten

Die Fragen im Überblick: Weiterlesen