Drogenpolitik nach der Legalisierung von Cannabis

Aufgrund der Anstrengungen vieler Menschen und Organisationen wird inzwischen Weltweit über das Scheitern der Prohibition und neuen Ansätzen diskutiert. Hierbei gibt es einen starken Fokus auf Cannabis, mitunter wird die Debatte explizit auf ausschließlich Cannabis beschränkt. Es gibt gute Gründe sich derzeit zumindest taktisch auf Cannabis zu konzentrieren, allerdings müssen wir ebenso dafür sorgen dass der Schwung der derzeit in der Diskussion steckt auch über die Legalisierung von Cannabis hinaus erhalten bleibt. Es gibt ernsthafte Bedenken dass nach einer Legalisierung von Cannabis viel politischer Druck verpuffen könnte. Hiervon werden insbesondere die starken Organisationen und Bewegungen in den Verbraucherländern betroffen sein. Dies könnte zu einem neuen drogenpolitischen Stillstand führen wie wir ihn über Jahrzehnte bereit erleben durften. Man erinnere hierbei nur auf den ambivalenten Wirkung der akzeptierenden Drogenarbeit mit Methadon und Konsumräumen als Reaktion auf den Reformdruck durch HIV/AIDS und offene Szene. In westlichen Ländern wie Deutschland haben die Erfolge dieser Politik zweifelsfrei Fortschritte gebracht, gleichwohl das Drogenproblem nachdem es gut verwaltet wurde, aus der Öffentlichkeit verschwand und ein neuer drogenpolitischer Stillstand einsetze. Deswegen müssen wir schon heute die Drogenpolitik nach der Legalisierung von Cannabis vorbereiten und starten. Insbesondere müssen auch die Vertreter einer Legalisierung aller Drogen sich auf dem Weg machen dieses Fernziel auch zu erreichen und nicht die Legalisierung von Cannabis abwarten.

Konkret könnte dies bedeuten:

  • Die Agenda von wichtigen Organisationen müssen für eine Drogen außer Cannabis geöffnet werden. Die praktische Arbeit kann sich natürlich weiter auf Cannabis konzentrieren, aber in den Argumenten und im Denken muss weitergedacht werden
  • Wir brauchen eine “All Drugs – All User” – Union als Interessenvertretung der Konsumenten aller Drogen, insbesondere natürlich derzeit illegalen. Derzeit gibt existieren weltweit und in Deutschland fast nur Organisationen wie JES. Partydrogenkonsumenten findet man in Ansätzen in Orgas wie Eve and Rave oder der Sonics Netzwerk organisiert und die Hanffreunde haben auch bestimmte Orgas, wobei sie alle nicht primär eine Konsumentenvertretung sind. Gemeinsam muss ein „Nichts über uns ohne uns“ eingefordert werden

Es müssen konkrete Ziele und erste Schritte entwickelt werden, neben dem existierenden Bereich Harm Reduction bei Opioidkonsumenten und allgemeinen Ansätzen wie dem Drogenfachgeschäft oder dem Blueprint von Transform.

  • Psychoaktive Mediin mit LSD, MDMA etc.
  • Normalisierung von Coca Blättern und Opium
  • Drugchecking

Substanzismus muss generell problematisiert werden. Substanzismus ist eine Ideologie oder Weltanschauung bei der individuelle oder gesellschaftliche Phänomene in erster Linie auf Drogen und deren Konsum zurückgeführt werden. Häufige Annahmen sind hier dass jeder Konsum illegaler Drogen ein Mißbrauch darstellt, kontrollierbar ist und zwangsläufig in eine therapiebedürftige Abhängigkeit führt, aus der man nur mit externer Hilfe herauskommt. Alle Drogenprobleme von Personen wie Abhängigkeit werden ursächlich und monokausal auf den Drogenkonsum zurückgeführt, andere Faktoren wie soziale Probleme werden ausgeblendet oder zumindest unzureichend berücksichtigt

Die Agenda der Substanzisten ist eine völliges Verbot von Drogen, außer zu wissenschaftlichen und mediinzischen Zwecken, wobei auch diese stark eingeschränkt werden. Koffein, Alkohol und Tabak werden meist ausgenommen. Prävention und Therapie sind abstinenzorientiert, Harm Reduction wird als Verharmlosung abgelehnt.

Neben diesem Mainstream Substanzismus gibt es allerdings noch andere Spielarten. Hier wird beispielsweise Cannabis zur guten Droge (v)erklärt und mitunter parallel Alkohol den anderen bösen Substanzen gleichgestellt. Diese Betrachtungsweise findet sich insbesondere in „Nur Cannabis“ Organisationen so dass die Reformer von heute nach der Legalisierung von Cannabis zu Bewahrern des drogenpolitischen Stillstands werden könnten.