Antrag: „Legale Verkaufsstellen für Cannabisprodukte“ in Frankfurt am Main Ortsbeirat 9

Bereits am 18. Februar wurde im Ortsbeirat 1 einem ähnlichen Antrag zugestimmt. Nun folgt ein Antrag von den Linken im Ortsbeirat 9. Der Antrag wurde am 13. März, 19.30 in der Ortsbeiratssitzung besprochen. Das Ergebnis: Der Antrag wurde abgelehnt, mit 9 Stimmen dafür und 9 Stimmen dagegen.

Ji Manju schreibt auf Facebook:
Zu beginn war die Bürgerfragerunde. Neben einigen hier nicht erwähnenswerten Beiträgen hat ein Sprecher der Drogenberatungsstelle Eschersheim sich für die Legalisierung und für den Antrag ausgesprochen. Die Hanf-Initiative war natürlich auch vor Ort und konnte seinen Beitrag leisten und sich für den Antrag aussprechen. Dazu reichten sie eine Unterschriftensammlung mit 76 Unterschriften ein die am Samstag zuvor, auf einem Infostand, eingesammelt wurden. Die Unterschriften wurden direkt vorm Haus Dornbusch, in dem die Ortsbeiratssitzung statt fand, eingesammelt.

Die FDP meinte Legale Verkaufsstellen sind einfach nicht möglich und wollte den Antrag „auf Wiederruf Zurückstellen“. Das könnte dann auch der Sankt-Nimmerleins-Tag sein. Das empfand aber auch nur der Mann von der FDP so.

Die Grüne Fraktionschefin hingegen begrüßten den Antrag und hat diesem auch zustimmen. Das die CDU ablehnt war ja wieder klar und das hier auch nur nicht erwähnenswerte „hart gesagt“ propagandistische Mittel wie Einzelschicksale und die übliche Einstiegsdrogenlüge genutzt werden um dem Antrag nicht zuzustimmen war auch klar. Die Contra Argumentliste ist halt ziemlich kurz. Allerdings war eine CDU’lerin auch offen für den Medizinischen gebrauch.

Die SPD hingegen war sich uneinig. Ein SPDler konnte dem Antrag nur zu teilen zustimmen. Er findet man müsse darüber Diskutieren, aber eine Legale Verkaufsstelle geht nicht. Deswegen lehnte er den ganzen Antrag ab. Der Rest seiner Fraktion stimmte zu. Schade ist, dass wenn der eine SPDler sich entweder Enthalten hätte oder den Antrag gestellt hätte die Punkte getrennt abzustimmen, dann hätten wir es doch schaffen können.

Mein Vorschlag: also nochmal stellen mit rechtlicher stellungnahme für die fdp und mit dem ziel „mal darüber diskutieren“ für die spd

Die Antragsstellerin, Ingrid Wunn: der nächste antrag ist schon am entstehen

Der Text des Antrags:

Legale Verkaufsstellen für Cannabisprodukte

Die Stadtverordnetenversammlung möge beschließen:

Der Magistrat wird aufgefordert, einen Antrag für eine Ausnahmegenehmigung nach §3 (2) BtMG beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) zu stellen, um eine legale Verkaufsstelle für Cannabisprodukte an einem geeignetem Ort im Ortsbezirk einrichten zu lassen.

Im Vorfeld soll der Magistrat gemeinsam mit interessierten Bürgerinnen und Bürgern einen Runden Tisch zum Thema verantwortungsvolle Regulierung von Cannabis auf der kommunalen Ebene einberufen.

Zusammen mit Fachleuten soll außerdem geklärt werden, wie ein Modellversuch zur Abgabe von Cannabis zur medizinischen Nutzung und als Genussmittel aussehen sollte.

Begründung:

Wir wollen legale Verkaufsstellen für Cannabis und Cannabisprodukte, um die Risiken für die Gesellschaft und den Einzelnen/die Einzelne zu minimieren.

Die Gesellschaft wird indirekt durch den Schwarzmarkt, auf dem mafiöse Strukturen herrschen und organisierte Kriminelle aktiv sind, bedroht und auch durch die Kosten für die Strafverfolgung belastet. Für die meisten Konsumierenden von Cannabisprodukten ist Strafverfolgung die schlimmste Nebenwirkung. Laut dem jährlichen Bericht der Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht (DBDD) zur Drogensituation in Deutschland 2012 haben circa 3 Millionen Menschen im letzten Jahr Cannabis konsumiert. Jemals Cannabis konsumiert haben ca. 15 Millionen Menschen, im letzten Monat waren es 1,5 Millionen. In Frankfurt gibt es geschätzte 50.000 Menschen, die Cannabis regelmäßig konsumieren und von legalen Verkaufsstellen im gesamten Stadtgebiet profitieren würden. Dieser Antrag soll nicht für mehr Drogenkonsum werben oder Drogen einfacher verfügbar machen, im Gegenteil: Es geht darum, den im Moment ungezügelten Schwarzmarkt zu kontrollieren.

Ziel des geltenden Betäubungsmittelgesetzes ist (laut Regierungsvorlage des Betäubungsmittelgesetzes 1981, BTDrucks. 8/3551, S. 23 f.) der Schutz der menschlichen Gesundheit sowie eine Regelung des Verkehrs mit Betäubungsmitteln, um deren Sicherheit und Kontrolle zu gewährleisten, die notwendige medizinische Versorgung der Bevölkerung sicher zu stellen und den Missbrauch von Betäubungsmitteln sowie das Entstehen oder Erhalten einer Betäubungsmittelabhängigkeit zu verhindern. Dies erfordert nicht zwingend einen repressiven Umgang und eine unnötige Kriminalisierung von Konsumierenden und Versorgenden, sondern ermöglicht einen liberalen Umgang mit der Materie.

Der §3 (2) BtMG erlaubt explizit Ausnahmegenehmigungen „zu wissenschaftlichen oder anderen im öffentlichen Interesse liegenden Zwecken“. In einem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 20. Januar 2000 (AZ2 BvR 2382 – 2389/99) heißt es: „Die medizinische Versorgung der Bevölkerung ist danach auch ein öffentlicher Zweck, der im Einzelfall die Erteilung einer Erlaubnis (. .) rechtfertigen kann.“ Über den §3 (2) BtMG kann jede Person, aber auch jeder Verein und jede Gemeinde einen Modellversuch zur Abgabe von Cannabis beantragen. Das bundesdeutsche Modellprojekt zur heroingestützten Behandlung Opiatabhängiger lief beispielsweise ebenfalls über diesen Paragraphen.

Die Mehrheit der Menschen in Hessen spricht sich laut einer EMNID Umfrage gegen die heutige Kriminalisierung und für eine Liberalisierung in der Cannabispolitik aus. In keinem Bundesland waren die Menschen weniger zufrieden mit der aktuellen Drogenpolitik und in keinem Flächenland waren mehr Menschen für eine Legalisierung von Cannabis!

In Deutschland gab es bereits mehrere ähnliche Anträge zur Thematik. In Berlin sowie im Ortsbeirat 1 erhielten sie eine Mehrheit. Sogar im konservativen Bayern werden in Städten wie Passau, Regensburg und Nürnberg Diskussionen hierzu geführt. Wir sollten dem in Hessen und gerade in Frankfurt, das Erfahrung mit Sonderwegen in der Drogenpolitik hat, nicht nachstehen. Es ist an der Zeit, die ideologischen Schützengräben zu verlassen und endlich eine Drogenpolitik etablieren in der die Gesundheit und der Schutz des Menschen im Mittelpunkt steht.

Die momentane Drogenpolitik der Verbote ist gescheitert. Das zeigt sich jeden Tag. Im Ortsbezirk 9 gibt es zwar keine offene Drogenszene, doch steigt in der Innenstadt der Repressionsdruck (verstärkte Personen- und Hausdurchsuchungen) werden illegale Geschäfte im Sinai-Park getätigt. Immer wieder rufen besorgte BürgerInnen bei der Polizei an, weil sie scheinbare oder tatsächliche „Drogendeals“ beobachtet haben. Es ist an der Zeit, die ideologischen Schützengräben zu verlassen und endlich eine Drogenpolitik zu etablieren in der die Gesundheit und der Schutz des Menschen im Mittelpunkt steht.

Durch eine kontrollierte Abgabe von Cannabis können wir die Folgen des illegalen Marktes eindämmen, einen wirklichen Verbraucherschutz einführen und durch gezielte Ansprache den Personen, die problematische Konsummuster entwickeln oder bereits haben, früher und besser helfen. Nur indem wir den Verkauf von der dunklen Ecke in geregelte und kontrollierte Pfade lenken, ist es möglich – wie bei Alkohol, Kaffee, Tabak auch – ein Reinheitsgebot für Cannabis durchzusetzen, den gehandelten Stoff einer Qualitätskontrolle zu unterziehen und so sicherstellen, dass keine gefährlichen und/ oder giftigen Beimischungen enthalten sind.

Nur durch einen legalen Markt kann der Handel kontrolliert und somit auch verhindert werden, dass bereits an Kinder und Jugendliche Cannabis verkauft wird.
Für all das braucht es den Mut, neue Wege zu gehen!

Eine kontrollierte Abgabe sollte in einem definierten Umfang stattfinden und wissenschaftlich evaluiert und aufbereitet werden. Dabei stellen sich verschiedenste Fragen, z. B. Gesundheit, Schwarzmarkt oder Jugendschutz betreffend.
Wir würden einen Ansatz, ein Modellprojekt in Zusammenarbeit mit Hilfe- und Therapieeinrichtungen durchzuführen begrüßen. Drogenberatungsstellen, der Deutsche Hanfverband (DHV) und andere Organisationen und Einrichtungen können hier beratend zur Seite stehen.

Wir fordern den Frankfurter Magistrat daher auf, weiterhin eine humane und progressive Drogenpolitik zu unterstützen und Wege und Mittel zu finden, um den kontrollierten Verkauf von Cannabisprodukten im Ortsbezirk 9 zu ermöglichen.