Wie möchte der Deutsche Hanf Verband seine Ziele erreichen?

Ich habe mir einmal erlaubt einige – für mich – Selbstverständlichkeiten über den Deutschen Hanf Verband zu notieren. Diese Gedanken stellen natürlich nur meine persönliche Sichtweise dar und sind damit nicht automatisch die offizielle Position des DHV. Ich schreibe dies aus einer sehr pragmatischen Sichtweise, denn als Interessensvertretung mit einem klaren politischen Ziel geht es in der praktischen Arbeit um das „So ist es“ und nicht um ein visionäres „Wünsch dir was“. Es steht jedem frei das heutige System schlecht oder als zumindest massiv reformbedürftig zu bewerten. Ich bin damit auch nicht glücklich, aber ich möchte mit meiner Drogenpolitik nicht warten bis es sich grundlegend verändert hat, insbesondere weil niemand weiß wann dies der Fall sein wird und ob dann die Chance für eine vernünftige Drogenpolitik besser stehen.

1. Der DHV ist ein reformistischer Verband, dass heißt das wir unsere Ziele im Rahmen des derzeitigen Systems versuchen umsetzen. Dieses System besteht aus einer parlamentarischen Demokratie, die von 5-6 Parteien dominiert wird. Auf Bundesebene wird es bei der nächsten Bundestagswahl im besten Fall eine rot-grüne Regierung geben mit einer starken Opposition aus LINKEN und Piraten. Ein rot-grüne-rotes Bündnis halte ich für höchst unwahrscheinlich, eine Regierungsbeteiligung der Piraten ist selbst für 2017 schwer vorstellbar. Kleiner oder auch großer Partner in einer Koalition zu sein bedeutet Kompromisse einzugehen. Deswegen sind die LINKE und insbesondere die Piraten nicht gewillt Teil einer Regierung zu werden, vielleicht sind sie teilweise auch nicht dazu in der Lage. Neben einer Mehrheit im Bundestag werden wir auch eine Mehrheit im Bundesrat brauchen, hier kann man nur hoffen dass das Lager der SPD/LINKE/Grüne Regierungen zufällig auch gerade eine Mehrheit hat.

Damit ist klar dass unsere Hauptziele SPD und Grüne sind, denn es ist nicht erkennbar dass LINKE oder Piraten Teil einer Regierung werden könnten. Wer nicht Teil der Regierungskoalition ist, bekommt im Bundestag praktisch nie eine Mehrheit und genau diese brauchen wir damit sich etwas ändert. Natürlich ist auch eine aktive Opposition wichtig um der Regierung Druck zu machen und die Grünen an ihr Programm zu erinnern. Man sieht bei Themen wie dem Mindestlohn, dass eine rechnerische Mehrheit nichts erreicht. Ebenso sieht man in Berlin, dass auch wenn mehr als 40% das Mandate an hanffreundliche Parteien gingen, es nichts bringt wenn die SPD dann lieber eine Koalition mit der CDU bildet.

2. Den großen Wurf einer kompletten Legalisierung von heute auf morgen wird es nicht geben. Neben der „Geringe Menge rauf – Geringe Menge runter“ Symbolpolitik kann es in den letzten Jahren zwar einige Tabubrüche, aber die jeweiligen Grenzüberschreitungen waren minimal. Es gibt cannabishaltige Fertigarzneimittel und einige Hundert Menschen erhalten reines Heroin als Arzneimittel. Das war vor einigen Jahren noch völlig undenkbar, auf der anderen Seite hat es der breiten Masse an Drogenkonsumenten nichts gebracht. Das Optimistische was ich mir für die kommende Legislaturperiode vorstelle ist eine qualifizierte Entkriminalisierung, also eine Regelung in der Drogenkonsumenten beim Besitz einer geringen Menge wirklich relativ straffrei bleiben. Mit relativ meine ich dass es durchaus nur zu einer Herabstufung zu einer Ordnungswidrigkeit kommen könnten, damit wäre eine Bestrafung über eine Geldbusse weiterhin möglich, aber nicht zwingend erforderlich.

Ansonsten werden wir uns auch weiterhin mit dem Kleinklein der Unterthemen beschäftigten müssen, sei es Führerscheinrecht, Diskriminierung von Konsumenten oder bei Aktionen mitmachen, die nur eine Entkriminalisierung fordern.

3. Auch wenn der Deutsche Hanf Verband sich primär um Cannabis kümmert, sind wir streng anti-substanzistisch, wir machen Cannabis nicht zu Lasten von anderen Drogen besser ebensowenig stellen wir Kiffer pauschal besser da als die Konsumenten andere Drogen. Parolen wie „Alkohol müsste man verbieten“ oder „Wir Kiffer sind doch keine Junkies“ wird man von uns nicht zu hören bekommen. Prohibition und Repression ist immer scheiße, egal welche Droge oder Konsumenten sie trifft.

4. Wenn das mit der Legalisierung so einfach wäre, wie es sich einige Leute vorstellen, wäre sie bereits da.

Zur Frage: „Wie kommt es, dass es diese Firmenstruktur gibt, der Hanfverband also ein Einzelunternehmen und kein eingetragener Verein ist?“ übergebe ich das Wort an Georg, hier einige Auszüge aus einem Interview:

Ja, das habe ich so geerbt! Meine Kollegen haben das so aufgebaut und ich bin dann ja einfach so dazu gestoßen. Ich muss aber sagen, dass ich das mittlerweile sehr zu schätzen weiß und damit auch sehr positive Erfahrungen gemacht habe. Ich habe vorher zehn Jahre lang in Parteien und Vereinen gearbeitet und da eben auch die Schattenseiten solcher ehrenamtlich strukturierter Arbeit erlebt. Ewige Debatten über Kleinkram, Blödsinn, Satzungen usw. So wie wir es jetzt haben, können wir wesentlich effizienter und effektiver arbeiten. Das ist meine Erfahrung und der Hanfverband zeigt ja auch, dass sich das bewährt.

In diesem Interview beantwortete Georg auch noch drei weitere Fragen über den DHV, darum übergebe ich ihm wieder das Wort:

Viele hat es ja abgeschreckt, dass sie bei der Petition ihren Namen und ihre Adresse angeben mussten. Wäre es nicht vielleicht sinnvoll eine Cannabispartei zu gründen, die jeder anonym wählen kann?

Na gut, man kann natürlich auch den Hanfverband anonym unterstützen. Die meisten unserer privaten Mitglieder machen das ja anonym, in dem Sinne, als dass sie nicht auf unserer Homepage erwähnt werden. Oder dass sie einfach nicht selbst aktiv werden und auf die Straße gehen, sondern unsere Arbeit unterstützen. Dafür braucht man nicht unbedingt eine Partei. Die Frage kommt allerdings häufiger. Ich bin nicht der Meinung, dass das besonders sinnvoll ist, auch weil ich eine grobe Vorstellung davon habe, was für einen riesigen Aufwand es bereitet eine Partei auf die Beine zu stellen, die irgendwann einmal auch Einfluss haben soll und eine entsprechende Größe erreicht. Parteiarbeit ist halt extrem aufwändig, schon in einer bestehenden Partei. Für die Gründung braucht man aber wirklich hunderte von Leuten, die daran arbeiten.

Ich hatte jetzt vor allem auch an die Unterstützungsgelder gedacht die man als Partei bekommen kann.

Ja gut, aber auch erst ab einem bestimmten Grad. Dafür muss man auch schon eine Menge Stimmen zusammen kriegen und bis man da ankommt, dass man das erreicht hat, hat man schon einiges Geld versenkt. Dafür bräuchte man zig tausend Euro, die überhaupt nicht zur Verfügung stehen und so viele freiwillige Helfer die man bräuchte stehen auch nicht zur Verfügung. Ich halte das im Moment einfach kaum für durchführbar, auch weil wir sowieso irgendwann eine Mehrheit im Bundestag haben müssen, um dieses Ziel zu erreichen. Dafür müssen wir die anderen Parteien überzeugen, für eine Mehrheit zumindest eine der großen Volksparteien. Ich setze eher darauf zu überlegen, wie man die überzeugen kann oder vielleicht auch, wie man Leute davon überzeugen kann in eine Partei ihrer Wahl einzutreten und dort Drogenpolitik zu betreiben. Das halte ich für sinnvoller, als jetzt nochmal eine eigene Spielwiese „Cannabispartei“ aufzumachen. Kann natürlich sein, dass ich mich da täusche, wenn es irgendwann eine Partei gibt, werde ich die sicherlich auch unterstützen, aber ich glaube nicht, dass uns das zum Ziel führt.

Der Hanfverband beschäftigt sich ja nicht nur mit Cannabis sondern nimmt ja auch an anderen Diskussionen teil, z.B. im Bezug auf Magic Mushrooms. Welche Position haben Sie da?

Naja, andere Drogen als Cannabis konkret behandeln wir relativ selten, aber hin und wieder äußern wir uns mal dazu. Im Grunde bin ich der Meinung, dass das Prinzip der Drogenprohibition insgesamt mehr Schaden als Nutzen bringt und das politisch auch zusammenhängt. Man kann jetzt nicht Cannabispolitik alleine betreiben, ohne zu sehen wie sich Politik insgesamt zum Thema Rausch in der Gesellschaft stellt. Ohne die Entwicklung z.B. auch bei Tabak und Alkohol zu beobachten, die auch immer restriktiver wird. Und gerade bei pflanzlichen Drogen sag ich halt auch, es macht keinen Sinn eine Pflanze zu verbieten. Wer hat überhaupt das Recht eine Pflanze zu verbieten? Und wenn wir uns zu anderen Drogen äußern, dann eben bevorzugt auch zu anderen pflanzlichen Drogen, die auch in den letzten Jahren zum großen Teil erst verboten worden sind. Wir sehen immer wieder die gleichen Mechanismen. Es entsteht ein Schwarzmarkt, der letztendlich viel schädlicher ist für die Leute als die vorherige Situation. Aber an sich konzentrieren wir uns im Wesentlichen auf die Cannabisfrage.